Der Kampf um den Pflichtteil

Wenn Eltern ein Kind enterben, liegt dem immer ein persönlicher Konflikt zugrunde, oft auch unter den Geschwistern.

Typische Situation: ein Kind lebt bei den Eltern und kümmert sich um diese, zum anderen besteht hingegen nur wenig Kontakt. Oft wird dann gewünscht, das „entfremdete“ Kind solle „gar nichts erhalten“; also wird es enterbt, doch ist dem deutschen Recht der Pflichtteil „heilig“, den man nur in krassen Ausnahmefällen entziehen kann. Blosses „Nicht-Kümmern“ um die Eltern genügt nicht. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils – bei 2 Kindern ist der Pflichtteil des enterbten Kindes nach dem Tod des letzten Elternteils also ¼. Mancher denkt nun: „dann sterbe ich eben als armer Mann/arme Frau“, dann ist der Pflichtteil ja auch Null? Gegen dieses „sich-arm-Schenken“ gibt das Gesetz nun aber eine Ergänzung des Pflichtteils aus dem Wert der in den letzten10 Jahren vor dem Tod verschenkten Vermögenswerte (etwa unentgeltlich übertragene Immobilien oder Geld). Der Wert dieser Schenkungen wird aber für jedes Jahr um 1/10 „abgeschmolzen“, ausser, die Eltern hätten sich den Niessbrauch oder ein Wohnungsrecht an einer verschenkten Immobilie vorbehalten. Hier muss man also schon bei der Übertragung die richtige Gestaltung treffen.

Das grösste Problem für das enterbte Kind besteht darin, zu erfahren, was denn die Eltern tatsächlich hinterlassen haben und was sie weggeschenkt haben. Darf das enterbte Kind etwa Einblick in deren Kontoauszüge nehmen (oder diese bei der Bank anfordern) oder generell alle elterlichen Unterlagen durchsehen?

 

Ein klares „Nein“, denn nach dem Gesetz ist es auf die blosse Auskunft (durch Vorlage eines schriftlichen Nachlassverzeichnisses) des erbenden Geschwisters angewiesen. Hier gibt es oft massiven Streit, weil das enterbte Kind meint, es müsse „noch viel mehr an Vermögen da sein“. Das Misstrauen ist wegen der persönlichen Spannungen sowieso schon gross. Muss das erbende Kind dann im Detail offenlegen, was denn die Eltern mit ihrem Vermögen in den letzten Jahren und Jahrzehnten gemacht haben?

 

Auch hier wieder „nein“, und der einzige Beweis für die Richtigkeit der erteilten Auskünfte besteht darin, dass das erbende Kind diese unter gewissen Voraussetzungen an Eides statt versichern muss. Wer in dieser komplexen Materie keinen Fehler machen will, tut gut daran, sich fachkundig beraten und vertreten zu lassen – auch die Internetrecherche kann spezifische Erfahrung und Kompetenz in solchen Dingen nicht ersetzen.

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